Gemeinsam mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena veranstaltet die Ernst-Abbe-Stiftung seit 1992 diese wissenschaftliche Vortragsreihe.
Verbunden mit dem Anspruch, neue Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung auch für Laien verständlich zu erklären, sprechen herausragende in- und ausländische Wissenschaftler/-innen zu aktuellen Forschungs-themen.
Traditionell finden die Vorträge drei- bis viermal jährlich im Zeiss-Planetarium in Jena statt. Der Eintritt ist kostenfrei.
Vergangene Veranstaltungen
79. EAK 20.11.2025 – Prof. Dr. Tobias Erb, Max-Planck-Institut für Terrestrische Mikrobiologie, Marburg
„Neo-Carbonozän – Neue Wege zur nachhaltigen Umwandlung von CO2 mithilfe synthetischer Biologie“
Um die Klimakrise zu bewältigen, muss der Mensch dringend CO2-Emissionen reduzieren. Gleichzeitig müssen aber auch neue Wege gefunden werden, der Atmosphäre aktiv CO2 zu entziehen. Das so gewonnene CO2 nachhaltig zu nutzen, das wäre Wertstofferhalt nach dem Vorbild der Natur. Pflanzen fangen mit der Photosynthese pro Jahr Milliarden Tonnen von CO2 ein. Trotzdem wird die natürliche Photosynthese nicht ausreichen, um den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten. Der Vortrag zeigt die Limitierung der biologischen Photosynthese auf und skizziert, wie wir mithilfe synthetischer Biologie eine leistungsfähigere Alternative erschaffen können, die effizienter CO2 umwandelt als ihr natürliches Vorbild. Verschiedene Ansätze und Technologiezukünfte von maßgeschneiderten Biokatalysatoren zu modifizierten Algen und Pflanzen bis hin zu künstlichen Chloroplasten werden vorgestellt, und deren Chancen und Risiken diskutiert. Der Vortrag möchte auch einen größeren Blick auf das Feld der synthetischen Biologie werfen, durch die der Mensch aktiver Part der Evolution wird, und neue Lösungen initiieren und realisieren kann, die die natürliche Evolution nicht hervorgebracht hat.
78. EAK 30.04.2025 – Prof. Dr. Oliver Trapp, Ludwig-Maximilians-Universität München
„Vom Molekül zum Leben: Die chemische Evolution von der
unbelebten zur belebten Materie“
Wie ist das erste lebende System entstanden? Wie viele verschiedene chemische Möglichkeiten können realisiert werden, um ein lebendes System zu erzeugen, und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für ein solches System? Gibt es universelle Prinzipien, die den Ursprung des Lebens steuern, und wie können wir diese Prinzipien identifizieren? Dies sind die grundlegenden Fragen, die derzeitig weltweit experimentell untersucht werden.
Die Bildung reaktiver organischer Moleküle als Bausteine des Lebens auf der frühen Erde ist eine der Voraussetzungen für die evolutionäre Entwicklung chemischer Systeme, die zur Entstehung der Biosphäre geführt haben. Wie dies abgelaufen sein könnte und wie sich unsere Erde entwickelt hat, wird anhand der neuesten Forschungsergebnisse in diesem Vortrag vorgestellt. Ausgangspunkt ist dabei zunächst die in der Atmosphäre unserer frühen Erde ablaufende Umwandlung von CO2 durch Katalyse mit meteorischem und vulkanischem Material in erste organische Bausteine. Aus diesen haben sich erste funktionelle organische Moleküle gebildet. Wir konnten kürzlich die Bildung selbstevolutionärer Organokatalysatoren in solchen präbiotischen Reaktionen nachweisen, die eine bemerkenswerte Funktionsvielfalt bieten und einen erklärbaren Zugang zu Aminosäuren, Zuckern, Coenzymen etc. ermöglichen. Zudem zeigen experimentelle Arbeiten die Bildung erster Protozellen auf dem Weg zur Entstehung selbsterhaltender Systeme.
77. EAK 13.09.2023 – Prof. Ricarda Winkelmann, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
„Kipp-Punkte im Klimasystem: Vorboten aus dem polaren Eis“
Der kälteste, der windigste, der trockenste Ort der Welt: Die Antarktis ist ein Ort der Extreme. Der Kontinent am Südpol ist von einem gigantischen Eisschild bedeckt, der Millionen von Jahre alt und in einigen Gebieten mehr als 4.000 m dick ist. Würde das gesamte Eis der Antarktis abschmelzen, hätte das einen globalen Meeresspiegelanstieg von etwa 58 m zur Folge. Trotz dieser gewaltigen Ausmaße ist der antarktische Eisschild besonders anfällig gegenüber Klimaänderungen – über die vergangenen Jahrzehnte hat insbesondere die Westantarktis beschleunigt Eis verloren. Aufgrund von sich gegenseitig verstärkenden Wechselwirkungen zwischen Eis, Atmosphäre und Ozean steigt mit zunehmender globaler Erwärmung das Risiko, dass Kipp-Punkte in der Antarktis ausgelöst werden: Ist eine kritische Temperaturschwelle erst einmal überschritten, könnte dies zu einem selbsttragenden und möglicherweise irreversiblen Eisverlust in Teilen der West- und Ostantarktis führen. Im Vortrag werden die zugrundeliegenden physikalischen Prozesse und die Risiken solcher dynamischer Instabilitäten genauer beleuchtet, sowie die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Anstieg des Meeresspiegels und unser globales Klima – nicht nur in den kommenden Jahrzehnten, sondern für die nächsten Jahrhunderte und darüber hinaus.
76. EAK 25.04.2023 – Prof. Stefan W. Hell, Max-Planck-Institut für multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen & Max-Planck-Institut für medizinische Forschung, Heidelberg
„Wie man eine vermeintliche naturwissenschaftliche Grenze überwindet…und was man daraus machen kann“
Im 20. Jahrhundert war man der Meinung, dass sich die Auflösung eines mit fokussiertem Licht arbeitenden Lichtmikroskops nicht fundamental über die von Ernst Abbe formulierte Beugungsgrenze hinaus steigern ließe. Ich zeige – nicht zuletzt auch anhand meiner Autobiographie – auf, wie sich diese Grenze von ca. einer halben Lichtwellenlänge (200 nm) im Fluoreszenzmikroskop radikal überwinden ließ. Neueste Entwicklungen, wie die MINFLUX und MINSTED-Mikroskopie erreichen sogar Auflösungen von 1-3 nm, was etwa der Größe der Fluoreszenzmoleküle selbst entspricht. Die ca. 100-mal bessere Auflösung und die damit messbare Moleküldynamik eröffnet für die Lichtmikroskopie vollkommen neue Anwendungsfelder in den Lebenswissenschaften.
75. EAK 20.10.2021 – Herr Prof. Dr. Michael Meyer-Hermann, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH in Braunschweig
„Die Rolle mathematischer Vorhersagen in der Pandemiebekämpfung“
In der Corona-Pandemie hat die mathematische Modellierung von Infektionsgeschehen sehr schnell eine große Bedeutung bekommen. Die aktuelle Infektionsdynamik wurde analysiert und auf dieser Basis Vorhersagen für den weiteren Verlauf der Pandemie gemacht. Diese Vorhersagen wurden auf allen Ebenen der Politik wahrgenommen und haben die Entscheidungen über Gegenmaßnahmen beeinflusst. Im Vortrag wird dargestellt, wie solche Modellvorhersagen gemacht werden, welche Schlüsse man aus ihnen ziehen kann, welche Grenzen die Vorhersagen haben und wie man sie in Handlungsoptionen übersetzen kann. Dabei wird darauf eingegangen, wie man durch Modellvorhersagen einen Zeitvorteil bekommt und wie dieser in der Politik genutzt wurde. Aus den Erfahrungen in der Pandemie können wir lernen, welche Fehler wir bei der Klimakrise nicht machen sollten.
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